Orchester sehnt sich nach Konzerten

Gesamte Saison um zwei Jahre verschoben Neue Doppel-CD vor Veröffentlichung 

Museen, Theater und Konzertsäle sind, wie auch andere Branchen, hart von den Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie betroffen. Das trifft und spürt natürlich auch die Mitteldeutsche Kammerphilharmonie Schönebeck deutlich. Im September konnte die Spielzeit 2020/2021 unter halbwegs „normalen“ Bedingungen starten; seit mehr als drei Monaten sind die Türen zum Dr.-Tolberg-Saal aber verschlossen. Das Orchester ist zum Nichtstun verdammt. Wir haben der Geschäftsführerin Anita Bader und dem Chefdirigenten des Orchesters, Jan Michael Horstmann, auf den Zahn gefühlt.

Auftritte vor großem Publikum, wie hier beim Operettensommer 2019, fehlen den Orchestermitgliedern der Mitteldeutschen Kammerphilharmonie sehr.

Beschreiben Sie bitte die aktuelle Situation?
A. Bader: Gerade die im Januar ausgefallenen Neujahrskonzerte oder auch die Faschingskonzerte schmerzen sehr. Hier sind wir engen Kontakt mit den Zuschauer*innen und auch natürlich ausverkaufte Konzertsäle gewöhnt gewesen, das vermissen wir alle. Schwierig ist darüber hinaus die Unsicherheit, wie und wann es weitergehen wird. Hier ist die Belastung für die Orchestermitglieder, aber auch für uns beide sehr hoch. Was mich persönlich sehr freut ist, dass viele unserer treuen Besucher*innen die Eintrittskarten als Spende bei der MKP belassen haben. Dafür möchte ich mich ganz herzlich bei allen Spenderinnen und Spendern bedanken. Das hilft in dieser Zeit sehr weiter.

Niemand kann im Moment vorhersagen, wann wieder vor Publikum gespielt werden darf. Wie planen Sie den bevorstehenden „Neustart“?
J. M. Horstmann: Die Arbeit der Mitteldeutschen Kammerphilharmonie ist geprägt von einer klar strukturierten Dramaturgie einer Konzertsaison. Wenn nun – was zu befürchten steht – vor April keine Konzerte stattfinden dürfen, wird die Hälfte der Konzerte, in denen wir das Publikum mit Werken großer Komponistinnen, die im Schatten der männlichen Kollegen standen, ausgefallen sein. Um diesen dennoch gerecht zu werden, würden wir die gesamte Saison um zwei Jahre verschieben und zum Neustart im Frühjahr Programme auswählen, die den Zuhörern, die – mit Ausnahme der zwei Herbstmonate, in denen wir spielen durften – ein ganzes Jahr ohne Konzerte leben mussten, dieses lebendige Klangerlebnis wieder nahe zu bringen.

Im April/Mai 2020 hat das Orchester eine neue CD eingespielt. Können Sie uns etwas zu diesem Projekt verraten?
J. M. Horstmann: Auch meine erste Saison im Salzlandkreis war geprägt von der Beschäftigung mit fantastischer Musik, die den historischen Zeitläufen zum Opfer wurde, Musik von Komponisten, die politisch verfolgt wurden, deren Musik verboten wurde und die heute nahezu vergessen sind. Sechs dieser brillanten Werke haben wir während des ersten Lockdowns im Frühjahr eingespielt. Die Zuhörer der Neujahrskonzerte 2020 werden sich lebhaft an „Sangre Torera“ von Benno Uhlfelder erinnern, auch die umwerfende Jazz-Suite von Alexander Tsfasman mit der Pianistin Sofja Gülbadamova ist darunter, Musik zum Schwelgen und Genießen mit einem Orchester in Höchstform.

Ab wann wird dieser Tonträger erhältlich sein?
J. M. Horstmann: Wir hoffen auf eine baldige Veröffentlichung; derzeit sitzen Lektoren und Übersetzer an meinen Texten für das Booklet, die Tonmeister sind mit dem endgültigen Schnitt fertig, sodass im April mit dem Erscheinen zu rechnen ist.

Abschließend Ihr Wunsch für die kommenden Monate?
A. Bader: Wir hoffen, bald wieder für unser Publikum da sein zu dürfen, auch wenn uns Abstandsregeln und eine eingeschränkte Zuschauerkapazität sicherlich noch über längere Zeit erhalten bleiben werden. Ich wünsche auch allen unseren treuen Besucher*innen, dass sie gesund bleiben.

Quelle: Mitteldeutsche Kammerphilharmonie